Leitbilder

Tallandschaft-Mittelgebirge

Erläuterung von Fachbegriffen

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Tallandschaften der Kleinflüsse und Bäche im Mittelgebirge


Unter diesem Begriff werden die markanten Täler der Kleinflüsse und Bäche der Mittelgebirge zusammengefasst. In Abhängigkeit von den Entstehungsbedingungen (Wiederstandsfähigkeit des Gesteins sowie Hebungs- und Senkungsprozesse) sind sie als enges Durchbruchstal, als kerbtalförmig mit schmaler Talsohle oder als Kastental mit breiterem Talboden ausgebildet. Typisch sind der mäandrierende Talverlauf und die meist steilen Talflanken.

Hahnenbachtal und Schmidtburg
Hahnenbachtal und Schmidtburg B. Ullrich
Auf den flachgründigen, oft felsigen Böden der Talhänge herrscht Waldvegetation vor, wobei Niederwälder insbesondere in früheren Bergbaugebieten einen erheblichen Anteil ausmachen. Viele Täler weisen markante Felshänge und Trockenvegetation auf, was im Nahetal besonders stark ausgeprägt ist und ihm einen deutlich mediterranen Charakter verleiht. In den wärmebegünstigten Lagen der Flusstäler (besonders Nahe, Ahr) werden südlich exponierte Lagen traditionell als Weinstandorte genutzt. Teilweise strahlt dies auch auf die Unterläufe ihrer Zuflüsse ab. Damit weisen diese wärmegeprägten Talabschnitte bereits Ähnlichkeit mit dem Mittelrheintal und Moseltal auf.

Während die Engtäler weitgehend siedlungsfrei sind, stellen Täler mit ausgebildeter Talsohle bevorzugte Siedlungsstandorte dar. Die Talsohle ist in der Regel als Grünland genutzt, wohingegen Ackerbau im Talraum die Unterhangzonen und Gleithänge sowie flache Zwischenterrassen einnimmt.

Einige Gewässer wurden begradigt und haben von ihrer Wirksamkeit als Gestaltungselement eingebüßt. Besonders in den größeren Talräumen (z.B. Sieg, Lahn, Ahr) haben Siedlungen von der Talsohle Besitz ergriffen, so dass naturbetonte, unbebaute Talabschnitte nur noch als Segmente vorliegen.

Für die markanten Täler der Bäche und kleineren Flüsse im Mittelgebirge typische und im Hinblick auf ihre landschaftsgestalterische und identitätgebende Wirkung hervorzuhebende Elemente sind:

  • Flüsse und Bäche;
  • Kiesbänke, Auengewässer, Buhnenfelder, Röhrichte, Ufergehölze, Auwald;
  • Talwiesen, oft Feuchtwiesen und Sumpfgebiete;
  • bewaldete, oft felsige Hänge mit naturnahen Laubwäldern, Gesteinshaldenwäldern und Niederwäldern; waldfreie Hänge mit Grünland und Streuobst;
  • historische Ortsbilder, Burgen, Mühlen.

In besonders wärmegeprägten Talabschnitten:

  • Mosaike mit Felsen, Trockenwäldern und –gebüschen, Trockenrasen und Halbtrockenrasen, Heiden, Magerwiesen und Streuobst;
  • Terrassierte Weinlagen mit Trockenmauern, Felsen.

Leitbild

Leitbild sind Tallandschaften mit naturnahem Gewässerlauf und bewaldeten Hängen, die oft durch besondere Waldgesellschaften, Felsen oder Burgen geprägt sind. In klimatisch besonders begünstigten Talabschnitten spiegelt sich dieser Charakterzug in kleinstrukturierten Weinbergslagen sowie in deutlicher hervortretenden felsigen Partien mit Trockenvegetation wider. In den Tälern der Flüsse und abschnittsweise in den Bachtälern bestimmen intakte Auen mit Auwäldern oder Wiesen und Ufergehölze entlang der naturnahen Gewässer das Bild. Ansonsten prägen Talwiesen die Talabschnitte mit breiter Sohle.

Ziele und Maßnahmen

Sicherung und Entwicklung von Landschaftselementen:

  • Sicherung und Förderung naturnaher Tallandschaften durch sukzessive Rückgewinnung von Spielräumen zur Entfaltung der Auendynamik, Entwicklung naturnaher Ufer- und Auenvegetation.
  • Sicherung von Talwiesen bzw. Wiederentwicklung durch Umwandlung von Ackerland (bevorzugt extensive Nutzung einschließlich der Förderung von Feucht- und Nasswiesen).
  • Sicherung bzw. Wiederentwicklung naturnaher Gewässer einschl. Begleitzone als durchgehende grüne Bänder (Leitstrukturen) auch innerhalb der Siedlungsflächen.

In besonders wärmegeprägten Talabschnitten:

  • Sicherung der Weinbau-Kulturlandschaft durch innovative Weiterentwicklung der Bewirtschaftungsweise und Vermarktung, Lenkung der Flächenstilllegung, ggf. Offenhaltung landschaftlich besonders prägender Steillagen durch Pflege.
  • Sicherung bzw. Wiederentwicklung der typischen Mosaike der Talhänge mit Felsen, Trockenwäldern, Niederwäldern, Trockenrasen und Halbtrockenrasen, Heiden, Magerwiesen und Streuobst.

Wald-Offenland-Verteilung:

  • Sicherung der für das Landschaftserleben wichtigsten Offenlandbereiche, insbesondere

    • Offenhaltung von Wiesentälern,
    • Sicherung von Blickbeziehungen zwischen Talsohle und Blickfängen an den Hängen (Burgen, Felsen) und umgekehrt,
    • Offenhaltung von landschaftsbildprägenden, waldfreien Talhängen.

  • Lenkung der Aufgabe von Nutzflächen in Rückzugsgebieten der Landwirtschaft und des Weinbaus, so

    • dass Brachflächen entweder im Erscheinungsbild nicht überhand nehmen
    • oder aber als geschlossene Teilräume aus der Nutzung ausscheiden und verbuschen bzw. der geordneten Waldentwicklung überlassen werden.

  • Ermittlung der Spielräume für die Umnutzung von Offen- und Halboffenlandbereichen zu Wald:

    • Präzisierung auf nachgeordneten Planungsebenen.
    • Lagemäßige Darstellung im Abgleich mit anderen landespflegerischen Belangen insbesondere in waldbetonten Mosaiklandschaften auf Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung.

Landschaftsgerechte Siedlungsentwicklung:

  • Orientierung an natürlichen Siedlungsgrenzen: hier v.a. Fluss- oder Bachauen, Steilhänge.

Landschaftspflegerische Ausgleichsmaßnahmen:

  • Vorzugsweise Maßnahmen der Bach- und Auenrenaturierung
  • In wärmegeprägten Abschnitten: Wiederherstellung von Trockenrasen und Halbtrockenrasen, Heiden, Magerwiesen und Streuobst als Teil der typischen Mosaike der Talhänge sowie
  • Verzicht auf Maßnahmen, die eine Reduzierung landespflegerisch bedeutsamer Offenlandanteile zur Folge haben können

Besondere Ziele:

  • Sicherung von Talabschnitten ohne Belastung durch Verkehrsachsen in dieser Eigenschaft.